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Kochbuchtipps Pasta, basta!

Sie sind auf der Suche nach Nudelrezeptsammlungen? Unser Experte stellt zwei Neuerscheinungen und einen aktualisierten Klassiker vor, mit denen sowohl Anfänger als auch die Pasta-Avantgarde etwas anfangen können.
Von Mac & Cheese über Cacio e pepe bis Vermicelli e Gioielli di Mare: Pasta ist vielseitig

Von Mac & Cheese über Cacio e pepe bis Vermicelli e Gioielli di Mare: Pasta ist vielseitig

Foto: Eugenio Marongiu / Image Source / Getty Images

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Auch wenn im Pasta-Mutterland Italien deutlich mehr Nudeln verputzt werden: In Deutschland gehört die Mehlspeise ebenfalls zu den beliebtesten Kohlenhydratquellen. Die Bandbreite reicht von Mirácoli bis zu stundenlang geschmurgelten Sugos mit selbst gemachten Nudeln. Wie tief und breit dieses aktuelle, noch längst nicht abgenudelte Thema sein kann, zeigen drei Kochbuch-Neuerscheinungen für Einsteiger, aber auch für vertiefungswillige Fortgeschrittene.

Nadia Caterina Munno: The Pasta Queen

Wer aus einer Familie stammt, die mehr als 200 Jahre lang in Santa Maria Capua Vetere bei Neapel eine kleine Manufaktur für Hartweizennudeln betrieb, hat die Pasta wahrscheinlich tief in den Genen stecken. Kommen weltweiter Instagram-Erfolg und Megareichweiten in anderen sozialen Medien von YouTube bis TikTok hinzu, hat man sich den Blogtitel »Pasta Queen« redlich verdient: Die seit ein paar Jahren in Florida lebende Süditalienerin Nadia Caterina Munno zählt zu den bekanntesten Pastafluenzerinnen. Ihr nun auch in deutscher Sprache erschienenes Erstlings-Kochbuch hat es sogar bis auf die höheren Plätze in der »New York Times«-Bestenliste gebracht.

Völlig zu Recht, denn die 288 Seiten triefen nur so von tiefem, Nonna-basierten Nudelwissen mit einer in dieser Form noch nie gesehenen Rezeptvielfalt: beinharte Italo-Klassik, internationale Pasta-Avantgarde und kundig italienisierter Nudel-Americana. Mit authentischen Käsesorten wie Parmigiano Reggiano, Provolone und Fontina jazzt Munno sogar den US-Kinderdickmacher Mac & Cheese zu himmlischen Radiatori al Forno hoch. Die mit Ragù gefüllten Muschelnudeln Conchiglioni serviert sie in der Form von in ihrer neuen Heimat beliebtem Fingerfood. Sie schüttet einen Viertelliter Bourbon in die Räucherlachssoße zu Penne oder ersetzt den Stängelkohl Cime di Rapa im Orecchiette-Rezept mit dem in den USA besser verfügbaren Brokkoli.

Bei den Italo-Klassikern bleibt Munno jedoch strukturkonservativ. Sie erlaubt bei der Carbonara und der Amatriciana allerhöchstens Pancetta als Notlösung, wenn mal keine Guanciale (Schweinebacke) zu bekommen ist, aber ganz bestimmt keinen Parmesan als Ersatz für den Pecorino Romano. Klingt nach Haarspalterei, ist aber bei Gerichten mit derart wenigen Zutaten stilbildend und bei Zwei-Zutaten-Soßen wie Cacio e pepe auch alternativlos – die römische Spezialität würde mit Kuhmilchkäse tatsächlich spürbar anders schmecken als mit dem Schafs-Pecorino.

Bei diesen und unzähligen weiteren Rezepten setzt die »Queen« kurz vor dem Servieren noch eine Geheimzutat ein: das in Italien blumig »Tränen der Götter« genannte Nudelkochwasser. Eine kleine Kelle davon bindet mit der von der Pasta beim Kochen abgegebenen Weizenstärke am Ende die Soße zu einer göttlich seidigen Textur und sorgt zusätzlich dafür, dass sie besser an der Nudeloberfläche anhaftet.

Die Klassiker werden eingerahmt von 40 Seiten hochinformativer Warenkunde, Pasta-Küchenpraxis und etwas aufwendigeren Gerichten für anspruchsvolle Gäste (Untertitel: »Rezepte zum Beeindrucken«), wo neben Trüffelsoße und lang geschmortem Wilschwein-Ragù auch ein paar sehr feine Risotto-Ideen Platz finden. Das Kapitel »Am Familientisch« bringt erwartungsgemäß gemütswärmendes Italo-Soulfood; Tortellini in Brodo, Linguine al Tonno und Rigatoni alla Boscaiola, die selbst die hungrigsten Holzfäller mit Pancetta, Erbsen und Pilzen sättigt.

Einer anderen Berufsgruppe wird die Zubereitungsart alla Puttanesca zugeschrieben. Die Autorin weiß hier – wie bei jedem der gut hundert Rezepte – eine kleine, nette Geschichte zu erzählen: Das Rezept stammt vielleicht gar nicht wie behauptet von den Prostituierten (»Puttane«) Neapels ab, die damit ihre Freier nach getaner Arbeit stärken wollten. Munno leitet den Speisenamen eher von »Puttanata« ab, also dem ein bisschen chaotischen Durcheinander von lange haltbaren Zutaten in der Speisekammer, die man eigentlich immer zur Hand hat wie Sardellen, Oliven, Knoblauch und Dosentomaten.

Abgerundet wird das Buch durch 20 kreative Nudelideen wie »Lord Lemony Pesto« mit Minze, Pistazien und Zitronensaft oder die mit jeder Menge Wodka beschwipste Garnelensoße bei »Lady in Pink«. Apropos »Lady«: Dieses wunderbare und selbst für Pasta-Kenner hochgradig lehrreiche Buchvergnügen wird einzig dadurch getrübt, dass die »Queen« auf gleich 34 Seiten großflächig auf Insta-mäßig sinnentleerten Fotos posiert. Schade, da hätten wir lieber noch zwei Dutzend ihrer herrlichen Nudelrezepte gesehen.

Wer braucht das? Pasta-Spezialisten aller Spielklassen

Typisches Rezept? »Mezze Maniche con Gamberi e Zucchine«

Was kostet das? 34,99 Euro

Antonio Carluccio: Pasta

Wenn Jamie Oliver den einstmals eher genussbefreiten Briten den Spaß am Selberkochen gebracht hat, dann war es Antonio Carluccio, der Olivers Landsleute lehrte, die Nudel zu lieben. Der 2017 im Alter von 80 Jahren verstorbene süditalienische Gastronom übernahm 1989 von Terence Conran dessen Neal Street Restaurant in Covent Garden, das er zuvor als Geschäftsführer zu einer der besten Adressen für italienische Küche in London gemacht hatte.

Als Inhaber stellte er das Küchenprogramm konsequent auf originale, unverwässerte italienische Regionalgerichte um und integrierte als erster Gastronom Englands auch einen kleinen Delikatessenladen in das Restaurant. Bis 2010 baute er zudem die mit mehr als hundert Franchisepartnern erfolgreichste britische Italo-Kette »Carluccio’s Caffè« auf. In all den Jahren veröffentlichte er zudem 24 Kochbücher, die in 18 Sprachen übersetzt wurden – darunter auch das 2014 erschienene »Pasta«.

Wer dieses Genre-definierende Standardwerk bereits in seinem Kochbuchschrank stehen hat, kann jetzt getrost zur nächsten Rezension nach unten scrollen. Die Neuauflage ist zwar behutsam modernisiert und optisch auf die Höhe der Zeit gebracht worden, bietet aber inhaltlich zu wenig Neues. Alle anderen Nudelfreunde sollten das Buch jedoch auf ihren Wunschzettel schreiben. Die 224 Seiten vermitteln so ziemlich alles, was man über italienische Pasta-Kunst und -Kultur wissen sollte, wenn man von seinem kulinarischen Leben mehr erwartet als nur einen Teller Mirácoli.

Carluccio erzählt die Geschichte der Pasta, ihre wichtigsten Erscheinungsformen mit oder ohne Ei bis hin zu Insulin-freundlichen Produkten aus Buchweizen- oder Kastanienmehl. Er zeigt in Wort und (schön fotografiertem) Bild die einschlägigen Sorten und gibt wertvolle Tipps zum Pasta-Soßen-Pairing. Auf eine etwas rudimentäre Zutaten-Warenkunde folgen Dutzende Seiten mit gut erklärten und anschaulich bebilderten Workshops für die Herstellung der bekanntesten Frischnudelarten inklusive Koch- und Serviertipps vom Pasta-Papst.

Das Herzstück bilden natürlich die über hundert Nudelrezepte, aufgeteilt in typisch italienische Kategorien wie Brodo (Pasta in Suppen), Asciutta (mit Soße), frisch und gefüllt (Fresca i Ripiena), al Forno aus dem Ofen, Nudelsalate und – auch das gibt es – dolce mit süßen Pasta-Desserts wie Ravioli mit Marmeladenfüllung, Fettuccine mit Kakaopulver im Nudelteig oder die kleinen sardischen Fregola als eine Art Milchreis mit Erdbeeren zubereitet.

Bei der Carbonara geriert sich Carluccio deutlich toleranter als die Lordsiegelbewahrerin Munno, erlaubt neben Guanciale ausdrücklich auch Pancetta oder gar Parmaschinken, die Wahl zwischen Pecorino und Parmesan stellt er frei. Nur Sahne hat »nichts, aber auch gar nichts darin verloren!« Eine weltmännische Milde, die sicher auch den vielen Jahrzehnten Leben und Kochen in einer kosmopolitischen Metropole wie London geschuldet ist. Er empfiehlt auch kulinarisch sinnvolle »Tabubrüche«, etwa den Umami-schwachen Spaghetti Aglio, Olio e Peperoncino auf die Gaumensprünge zu helfen mit der dem altrömischen »Maggi« Garum nachempfundenen fermentierten Sardellensoße Colatura. Gute Idee.

Neben diesen wertvollen und in gefühlt jedem zweiten Buchrezept vermittelten Kniffen sind es vor allem die ausgefalleneren Nudelgerichte, die dieses Werk selbst für fortgeschrittene Pasta-Spezialisten interessant machen: Spaghettini mit Napfschnecken und Seeigel gehören dazu, ebenso die Polpette, deren Fleischteig Carluccio mit zerdrücktem Auberginen-Fruchtfleisch bindet. Oder die Vermicelli e Gioielli di Mare (»Meeres-Juwelen«: Venusmuscheln, Kalmar, Garnelen und Jakobsmuschelfleisch), die in Pergament eingepackt im Backofen gegart werden.

Dieses Buch ist das Lebenswerk von einem der größten Nudelversteher der Kulinarik-Geschichte.

Wer braucht das? Alle, die so vielfältig und perfekt Nudeln kochen wollen wie der Pasta-Papst Antonio Carluccio.

Typisches Rezept? »Mafalde con Broccolo Romanesco e Acciughe«

Was kostet das? 24,95 Euro

Dr. Oetker: Nudelglück

Im Direktvergleich zu den beiden Pasta-Standardwerken scheint Dr. Oetker mit seiner treudeutschen Tradition, alle möglichen Speisen nicht unbedingt perfekt, aber doch halbwegs essbar auf die Teller bekommen zu wollen, keinen Stich landen zu können. Doch das ist nur der erste Eindruck, der wie so oft täuscht, wenn man ein wenig tiefer in den für diese altehrwürdige Kochbuchmarke typischen Easy-peasy-Küchenkosmos eintaucht.

Hier diskutiert die typische Zielgruppe natürlich nicht einen halben Abend lang darüber, ob es schicklich ist, die Imperia-Nudelmaschine mit einem Elektromotor statt mit der klassischen Handkurbel zu betreiben. (Tipp von den Profis einer befreundeten Pasta-Manufaktur: Motor ist besser.) Nein, mit diesem Werk sollen alle angesprochen werden, die mit einfacheren Mitteln ihr großes Nudelglück auch jenseits von Italien suchen.

Und genau das finden sie auf den 192 Seiten mit den rund 70 übersichtlichen, einfach nachkochbaren und nicht besonders stylish, dafür aber appetitlich und aussagekräftig bebilderten Rezepten. Nach einer etwas schmalbrüstigen, fürs Erste aber ausreichenden Nudel-Herstellungspraxis geht es gleich ins Eingemachte mit dem Klassikerkapitel. Ganz undogmatisch stehen hier Lasagne und Cannelloni neben Asia-Bratnudeln, Maultaschen und Käsespätzle. Der Nudelsalat (mit Dosen-Mandarinen!) hat einen Platz neben der guten alten Bolognese oder einer Penne all’ Arrabiata, die mit Tomatenmark in der Zutatenliste ebenso eingedeutscht sind wie die Carbonara mit Bacon und (Dio mio!) Schlagsahne.

Das Nudelsalat-Kapitel treibt mit Soba- und Glasnudeln, griechischer Kritharaki oder Dosenthunfisch so manchem Pasta-Puristen die Fremdschäm-Röte ins Gesicht. Andererseits sorgen solche Rezepte endlich mal für ein bisschen mehr Vielfalt im Grillparty-Nudelsalat-Einerlei. Ebenso frisch und dünkelfrei oszillieren die Suppenrezepte zwischen Blitz-Minestrone, Wirsing-Käse-Eintopf, Reisnudel-Rinder-Phở, oder einer schnellen Hühnersuppe to go im Einmachglas. Letztere allerdings mit der No-go-Zutat gekörnte Hühnerbrühe. Das geht dann doch einen Schritt zu weit.

Der Griff zur Maggidose bleibt aber die Ausnahme, dafür gibt es in den Zentralkapiteln »Aus Topf & Pfanne« und »Aus dem Ofen« Dutzende brauchbare Alltagsrezepte, die im engen oder auch weiteren Sinn irgendwas mit Nudeln zu tun haben: Lasagne mit Schafskäse und Spinat, Nudel-Schinken-Auflauf, brauchbare vegane Rezepte (Zucchini-Linsen-Bollo oder DIY-Linsenpasta mit Cashewpesto), Pappardelle mit Zitronenhähnchen, diverse One-Pot-Pastas (etwa Mac & Cheese), Polnische Piroggen, Pastasotto mit Risoni-Reisnudeln, Krautfleckerl oder Asia-Mie-Nudeln mit Garnelen.

Italien ist hier nur eines von sehr vielen Ländern, aus denen nicht minder schmackhafte Ideen stammen. Und genau dieser durch und durch säkulare Ansatz sorgt tatsächlich für jede Menge Nudelglück – auch jenseits der heiligen Italo-Pasta.

Wer braucht das? Alle, die undogmatisch einmal um die halbe Welt Nudeln kochen wollen.

Typisches Rezept? »Offene Lasagne mit Pulled-Pork-Ragout«

Was kostet das? 19,99 Euro

Hintergrund: Produkttests im Ressort Tests

Über welche Produkte wir im Tests-Ressort berichten und welche wir testen oder nicht, entscheiden wir selbst. Für keinen der Testberichte bekommen wir Geld oder andere Gegenleistungen von den Herstellern. Es kann aus verschiedenen Gründen vorkommen, dass wir über Produkte nicht berichten, obwohl uns entsprechende Testprodukte vorliegen.